Lehrabschluss von Jonas Huwiler: Über frische Fachkräfte – und deren Fehlen
Das plan:team verliert einen Lernenden und gewinnt einen neuen Fachmitarbeiter – Jonas Huwiler aus Küssnacht SZ hat nach vier Jahren bei uns seine Lehre als Geoinformatiker ¹ abgeschlossen. Damit gewinnt die Branche eine kompetente, begeisterte und vollständig ausgebildete Fachkraft. Im Interview sprechen wir mit Jonas über seine Lehre, seine Visionen für die Zukunft und seine Lösungsansätze für immer komplexer werdende Herausforderungen in der Raumentwicklung und der Geoinformatik. Aber auch darüber, wie das plan:team die Ausbildung angehender Fachleute verbessern kann.
Für Co-Geschäftsführer und Partner Piet Luethi ist klar: frische Fachkräfte wie Jonas müssen dem plan:team respektive der Branche längerfristig erhalten bleiben. Jonas ist seit Abschluss seiner Lehre im Sommer 2022 unbefristet beim plan:team angestellt. Anfangs 2023 widmet er sich dem obligatorischen Militärdienst, wird danach aber wieder zu uns stossen. Diese Wertschätzung, dieses Vertrauen, bietet die grundlegende Sicherheit, sich später auch weiterbilden zu können oder sogar eine Ausbildung im tertiären Bereich in Angriff zu nehmen. Es ist nicht zu unterschätzen, wie wertvoll eine erfahrene, ausgebildete und motivierte Fachkraft ist – vor allem aber, wie schwer sie zu ersetzen ist.
plan:team: Herzliche Gratulation zu deinem Lehrabschluss. Wir freuen uns sehr, dass du dem plan:team erhalten bleibst. Was hat dich während deiner Lehre darin bestärkt, weiterhin in der Branche der Geoinformatik und beim plan:team zu bleiben?
Jonas: Die Welt der Geoinformatik ist eine kleine. Man kennt sich schnell, die Teams sind familiär, auch kantonsübergreifend. Meine Arbeit ist – vielleicht etwas entgegen dem allgemeinen Verständnis – doch auch kreativ geprägt und vor allen Dingen lösungsorientiert. Besonders bin ich auch daran interessiert, meine eigenen Projekte längerfristig wachsen zu sehen, über Monate und auch Jahre, was mir die Geoinformatik und insbesondere das plan:team immer wieder bieten können.
plan:team: Was hat dir in der Lehre besonders gefallen? Wo siehst du die Stärken der Ausbildung?
Jonas: Wichtig war mir auch der Austausch zwischen den verschiedenen Bereichen der Geoinformatik. Die Lehre bot mir die Gelegenheit, die Vielfalt der Geoinformatik zu entdecken, die verschiedenen Bereiche und Arbeitsweisen. Bei meinem externen Praktikum in der Fachrichtung Amtliche Vermessung musste ich zwar feststellen, dass diese nicht wirklich meinen Interessen entspricht – aber ohne diesen wichtigen Einblick hätte ich diese Erkenntnis gar nicht erst machen können. Als ich dann zurück beim plan:team wieder an meinen abwechslungsreichen und strukturierten GIS-Projekten arbeitete, wurde mir schnell klar, wo meine Stärken und Leidenschaften liegen. Dieser Findungsprozess ist wichtig für junge Menschen in der Lehre, die sich eben: noch finden müssen.
plan:team: Und wo siehst du die kommenden Herausforderungen in deinem Berufsfeld?
Jonas: Die Geoinformatik zeichnet sich durch grosse Datenmengen aus, die schnell und einfach ausgewertet werden müssen. Wenn diese Daten aber unter Zeitdruck und mit wenig Sorgfalt bearbeitet werden, generiert dies einen grossen Mehraufwand und auch Mehrkosten für das Büro. Ich denke, eine der wichtigsten Herangehensweisen ist es, den Menschen ausserhalb – und auch innerhalb – der Branche klarzumachen, wieviel Zeit effektiv für Aufgaben in der Geoinformatik aufgewendet wird.
«Der laufende Generationenwechsel und die stark wachsende Nachfrage verschärfen den Fachkräftemangel zusätzlich.» |
plan:team: Der Bereich der Informatik wandelt sich innerster kürzester Zeit rasant. Was heute noch der neuste Stand der Technik ist, kann morgen schon wieder veraltet sein. Hast du dieses Tempo während der Lehre wahrgenommen?
Jonas: Beginnend etwa 1990 gab es eine Welle von neu gegründeten Unternehmen in der Geoinformationswirtschaft, während auch öffentliche Verwaltungen vermehrt Abteilungen einrichteten. Diese «Gründergeneration» wird nun nach und nach pensioniert. ² Der bereits laufende Generationenwechsel und die stark wachsende Nachfrage verschärfen den Fachkräftemangel zusätzlich. Ohne zu werten: Es fehlt bei der älteren Generation oft das technische Verständnis. Gewisse Arbeitsweisen sind schlicht nicht mehr zeitgemäss, auch in Bezug auf die Digitalisierung, die erst in den letzten Jahren richtig Fuss gefasst hat. Wir müssen uns fragen, was mit dem heutigen Technologiestandard möglich und praktikabel ist. Gleichzeitig muss ich aber auch festhalten, dass die in Rente gehenden Fachkräfte über eine enorme Fülle an Erfahrung verfügen, die man weiterzuvermitteln und aufzubewahren nicht missen darf. Mit den beiden neuen Partner:innen Barbara Wittmer und Mirco Derrer kümmert sich das plan:team rechtzeitig darum.
plan:team: Es gibt bei der Weiterentwicklung der Geoinformatik also noch einiges zu tun. Inwiefern kannst du dir vorstellen, dich hier einzubringen? Was braucht es deiner Meinung nach, damit die nötigen Entwicklungen erfolgreich sind?
Jonas: Vor allem fehlen der Geoinformatik Fachkräfte mit tertiärem Abschluss. Mit meiner Lehre habe ich zwar das grundlegende Handwerk gelernt, bin aber (noch) nicht fähig, grosse GIS-Plattformen aufzubauen und zu verwalten, welche besonders in unserer Branche viel zur Arbeitsprozessoptimierung beitragen. Um auch diese Kompetenzen zu erlernen, möchte ich mich in der Zukunft weiterbilden, etwa zum Geomatiktechniker oder mit einer ähnlichen Weiterbildung.
plan:team: Wo siehst du Verbesserungsmöglichkeiten bei der Ausbildung zukünftiger Lernender in der Geoinformatik?
Jonas: Der Ausbildungsablauf wurde zwar zwischenzeitlich überarbeitet und hat sich verbessert. Dennoch bleiben einige Probleme bestehen. Zum Beispiel hatte ich während der Lehre die Fächer Programmieren und Datenbanken erst im dritten respektive vierten Lehrjahr auf dem Programm. Das sind aber Grundlagenfächer, deren Inhalte bereits im ersten Lehrjahr bei der Arbeit aufgegriffen werden. Diese Fächer müssen unbedingt von Anfang an unterrichtet werden. Und aus meiner Sicht gibt es noch ein nicht unwichtiges Detail.
plan:team: Bitte.
Jonas: Die Spesenabwicklung des Trägervereins zieht sich sehr in die Länge. Vor allem für junge Lernende, die finanziell eher schlecht situiert sind, kann das mitunter zu schwierigen Situationen führen.
plan:team: Wir haben über deine Ausbildung im Allgemeinen gesprochen. Gibt es etwas, das wir als Lehrbetrieb verbessern können?
Jonas: Beim plan:team spezifisch wünsche ich mir für künftige Lernende strukturierteres Arbeiten und ein wohlüberlegteres Ausbildungsprogramm. Meine Leistungsziele habe ich zwar alle erfüllt, aber nicht strukturiert abgearbeitet. Dies wird aber bei unserer neuen Lernenden Inshira auch so umgesetzt. Es freut mich, dass meine Erfahrungen als Lernender und meine Rückmeldungen direkt in den Optimierungsprozess eingeflossen sind und ich so einen kleinen Teil zur Weiterentwicklung des Büros beitragen konnte.
«Der Beruf soll spannend, kreativ und ansprechend vorgestellt werden, mit Tachymetern, GNSS und Nivelliergeräten.» |
plan:team: Kommen wir auf den Fachkräftemangel zurück: Wie können potentielle Fachkräfte der Geoinformatik besser «angelockt» werden?
Jonas: Aus der Sicht meines 15-jährigen Selbst: Fachbegriffe schrecken ab, vor allem in jungen Jahren. Unter dem Begriff Geomatiker kann man sich kaum etwas vorstellen, wohingegen der frühere Begriff Vermessungszeichner grosse Vorstellungskraft mit sich bringt.
Eine etwas pragmatischere Lösung ist die Förderung und Durchführung von Berufsmessen, die von Schulen der Sekundarstufe klassenweise besucht werden. Der Beruf soll dort spannend, kreativ und ansprechend vorgestellt werden, etwa mit Tachymetern (Bestimmung von Punkten mit polaren Koordinaten), GNSS (Positionsbestimmung mittels globalen Satelliten) oder Nivelliergeräten (Höhe messen). Diese «Gadgets» sind für junge Menschen äusserst spannend und wecken ihr Interesse an technischen Berufen.
plan:team: Und was sollte deiner Meinung nach während der Ausbildung verbessert werden?
Jonas: Auch gewisse Strukturen in der Lehre sind nicht mehr zeitgemäss. Die Berufe Polymech und Automatiker etwa sind im Berufsalltag mathematisch erheblich anspruchsvoller. Trotzdem aber sind deren Anforderungen im Fach Mathematik in der Schule tiefer als bei uns in der Geoinformatik, wo wir im Berufsalltag nur selten mathematische Probleme lösen müssen. Damit werden viele angehende Lernende abgeschreckt und verunsichert.
plan:team: Was hat dich ursprünglich mit 15 Jahren dazu bewegt, eine Lehre in der Geoinformatik anzustreben?
Jonas: Damals hatte ich Bewerbungen für die Amtliche Vermessung in der Geomatik geschrieben. Die Lehrstelle als Geoinformatiker beim plan:team war dabei eigentlich nur als Notlösung gedacht. Schlussendlich war es aber das grossartige Team, das mir meine Entscheidung einfach gemacht hatte. Sozial kompetente und freundliche Menschen, die eine Vorbildsfunktion übernehmen können, sind enorm wichtig.
Dass ich im Bereich der Geoinformation arbeiten wollte, war aber schon früh klar. Ich hatte schon immer ein ausgeprägtes Vorstellungsvermögen und als ich dann ein Informationsvideo von «SRF school» über Geomatik fand, war ich hell begeistert. Dieses Video war sehr lange in meiner Favoritenleiste.
Weiter hatte ich damals Schnupperlehren in diversen Berufen absolviert, wie zum Beispiel: Zeichner Fachrichtung Ingenieurbau, Zeichner Fachrichtung Innenarchitektur, Konstrukteur und Informatiker. Die meisten dieser Berufe sind aber nur wenig naturverbunden – als Informatiker oder Architekt sieht man sich keine grossflächigen Pläne an. Hier in der Geoinformatik arbeite ich aber in den Dimensionen von Wäldern, Gewässern und ganzen Gemeinden, gelegentlich auch regional oder sogar überregional.
Wir gratulieren Jonas herzlich zu seinem erfolgreich gemeisterten Lehrabschluss und wünschen ihm nur das Beste für die Zukunft!
¹ In der Geoinformatik werden räumliche Daten erfasst, verwaltet, analysiert und präsentiert. Aus Datengrundlagen aus diversen Fachbereichen werden mittels modernster Geräte neue geografische Datensätze erstellt. Diese Daten werden in Form von Karten, Tabellen und Diagrammen präsentiert. Somit werden genauste Faktengrundlagen für (Raum-)Planung, Technik, Wissenschaft und Politik geliefert. Um grosse Datenmengen rasch und unkompliziert weiterverarbeiten zu können, legen die Fachkräfte in der Geoinformatik stets Wert auf exaktes Arbeiten und strukturierte Projektabläufe.
² Business Geomatics: Fachkräftemangel in der Geo-IT