Generationenwechsel: So packt das plan:team die neuen und komplexen Herausforderungen der Raumplanung an
Die endliche und wertvolle Ressource Boden wird immer knapper und die öffentlichen Diskussionen, wie sie genutzt wird, werden intensiver und werden noch mehr Raum einnehmen. Dies stellt die Raumentwicklung vor neue Aufgaben, die moderne Herangehensweisen erfordern. Im Interview schildern Barbara Wittmer und Mirco Derrer, die beiden neuen Partner:innen, wie sie das plan:team in diesem Umfeld in die Zukunft steuern wollen.
Seit über 40 Jahren gehört das plan:team mit seinen mehr als 30 Mitarbeitenden zu den führenden Planungsbüros der Deutschschweiz (Team, Chronik und Projekte siehe planteam.ch).
Nun beginnt der nächste Generationenwechsel. An der diesjährigen Generalversammlung wurden Barbara Wittmer (*1981) und Mirco Derrer (*1985) als neue Partner:innen gewählt. Barbara Wittmer ist studierte Humangeografin mit Zusatzausbildung als Raumplanerin (MAS ETH Zürich) und Vorstandsmitglied des Schweizerischen Ingenieurs- und Architektenvereins (SIA). Mirco Derrer ist studierter Raumplaner (Raumplanung und Infrastruktursysteme ETH Zürich). Beide haben neben ihrer Erfahrung in Planungsbüros eine Fülle an Praxiswissen aus der Verwaltung.
plan:team: Wie interpretiert ihr die langfristige Vision von Planungsbüros im Allgemeinen und vom plan:team im Besonderen sowie eure zukünftigen Aufgaben als Raumplaner:innen?
Mirco Derrer: Wenn es um die Gestaltung des Lebensraumes von morgen geht, treffen verschiedene Interessen aufeinander. Zudem werden die Themen und Zusammenhänge der Raumentwicklung immer komplexer. Das Ziel von Planungsbüros muss es in diesem Kontext sein, die Chancen und Risiken zu erkennen, die Kundschaft zu beraten und vor allem Lösungen zu formulieren, die auch übermorgen noch funktionieren.
Meiner Meinung nach ist deshalb zentral, dass Planungsbüros interdisziplinär aufgestellt sind, um die Teilhabe der Bevölkerung und von Interessensgruppen an den Prozessen zu garantieren und einen offenen Diskurs führen zu können. Eine geballte Ladung sozialwissenschaftlicher, umweltnaturwissenschaftlicher und digitaler Themen prallt aufeinander. Beim plan:team arbeiten Expert:innen aus verschiedenen Fachgebieten, so dass wir bei all diesen Themen stets à jour sind .
Barbara Wittmer: Ich schliesse mich Mirco an. Dank unserer Interdisziplinarität und fachlichen Kompetenz können wir unsere Auftraggeberschaften für die verschiedenen Themen sensibilisieren. Wir haben diese Herausforderungen früh erkannt und deshalb ist unser fast 45-jähriges Büro heute so agil, innovativ und interdisziplinär wie nie zuvor. Wir denken offen und frei, haben aber das Grundlagenhandwerk, wie zum Beispiel das Erarbeiten von Nutzungs- und Sondernutzungsplanungen, absolut im Griff – das stellen wir in der ganzen Deutschschweiz immer wieder unter Beweis.
In diesem Sinne hat der Mensch in allen meinen Überlegungen, Handlungen und Verhandlungen Priorität. Alle sollen sich in ihrem Lebensraum und sicher und wohl fühlen – unabhängig ihres Alters, ihrer Herkunft oder anderer individuellen Voraussetzungen. Damit einher gehen auch die Herausforderungen des Klimawandels: Nur wenn wir diese riesige Aufgabe jetzt angehen, besteht die Chance, dass unser Lebensraum weiterhin lebenswert bleibt.

Sind für die spannende und herausfordernde Zukunft gerüstet: Mirco Derrer und Barbara Wittmer. (Foto: FaceCraft, Naima Ahmad)
plan:team: Ihr sprecht insbesondere die gesellschaftlichen, ökologischen und politischen Aspekte der Raumplanung an. Habt ihr das Gefühl, dass sich in den letzten Jahren diesbezüglich etwas verändert hat?
Barbara Wittmer: Ja, es hat sich viel verändert. Ich fasse dies mit drei Begriffen zusammen: Innenentwicklung, Klimawandel und Verkehrswende. Diese drei grossen Herausforderungen unserer Zeit nahmen während meiner Ausbildung noch viel weniger Raum ein. Private Interessen wurden damals viel stärker beachtet. Heute gewinnen öffentliche Ansprüche an die Qualität des Lebensraumes als Ganzes hingegen an Bedeutung. Das freut mich sehr. Als Raumplaner:innen müssen wir in diesem komplexer gewordenen Umfeld möglichst optimale und langfristige Lösungen finden. Darum ist die Raumentwicklung mit ihrer Interdisziplinarität heute so spannend.
Mirco Derrer: Das sehe ich gleich. Die Sensibilisierung für raumplanerische Fragestellungen ist in der Bevölkerung wahrnehmbar gestiegen, die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit heute folglich intensiver und die Diskussionen kontroverser. Zudem wird Teilhabe heute explizit erwartet, sie ist nicht mehr einfach «nice to have». Oder etwas plakativer formuliert: heute wird nicht mehr alles, was von Expert:innen kommt, für «richtig» befunden.
plan:team: Dann muss sich die Raumplanung als Disziplin also den Veränderungen anpassen?
Barbara Wittmer: Grundsätzlich müssen wir die Ausbildung von Fachpersonen intensivieren, wir brauchen schlicht mehr. Ich bin überzeugt, dass unser Büro hier bereits wichtige Arbeit leistet. Leider wird die Raumplanung aber oft noch als technische Aufgabe verstanden. Das finde ich schade, weil so deren Bedeutung geschmälert wird. Denn wir Raumplaner:innen befinden uns an einer wichtigen Scharnierstelle zwischen der Bevölkerung, der Natur, den Behörden und der Politik und bewegen uns so auf verschiedenen Flughöhen. Das ist ein Privileg und wir dürfen darum nicht eine rein technische Raumplanung anstreben.
Mirco Derrer: Das ist genau der Punkt: Es finden heute immer noch viele raumprägende Planungen statt, wo es verpasst wurde, die Bevölkerung frühestmöglich und angemessen mit einzubeziehen. Deshalb hat unsere Disziplin vor allem Anpassungsbedarf bezüglich Kommunikation und Verhandlungsgeschick.
plan:team: Was sind eure Herzensangelegenheiten, wenn ihr in das Unternehmen schaut? Was ist euch besonders wichtig?
Mirco Derrer: In unserer schnelllebigen Zeit besteht die Gefahr, dass im hektischen beruflichen Alltag das Menschliche zu kurz kommt. Mir ist es ein Anliegen, dass es unseren Mitarbeitenden gut geht und sie trotz des fordernden Arbeitsumfeldes, in welchem sich Planungsbüros befinden, wohl fühlen und sich als Teil vom plan:team verstehen.
Barbara Wittmer: Genau. Auch in unserem Unternehmen stellen wir den Menschen ins Zentrum. Wir sind ein Team, nur zusammen können wir erfolgreich sein und uns stetig verbessern. In unserem Büro wollen wir Menschen fördern, motivieren und begeistern. Und natürlich wollen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voranbringen.
Interview: Claudio Birnstiel