21. 03. 23

Raumentwicklung im südlichen Afrika – Perspektive II: Entwicklungsdefizite auf dem Land

 

Rund acht Monate schon bereisen meine Partnerin Lisa Mühlebach und ich¹ das südliche und östliche Afrika in unserem Land Rover Defender. Von Kapstadt über Namibia, Botswana, Zimbabwe, Mosambik, Malawi, Ruanda und Uganda bis nach Kenia erleben wir Natur und Mensch und erhalten natürlich auch städtebauliche und raumplanerische Einblicke. Eine Reihe themenspezifischer Perspektiven exklusiv auf planteam.ch geben Aufschluss über meine Erlebnisse auf Reisen.

 

Strasse im südlichen Afrika

Hauptverbindungsachse N1 zwischen Tete und Chimoio, Mosambik

 

 

Raumentwicklung im südlichen Afrika: eine Region der zwei Geschwindigkeiten

Uns fällt immer wieder ein Afrika der zwei Geschwindigkeiten auf: Das städtische, moderne, im Verhältnis ökonomisch stärkere Afrika sowie das ländliche Afrika, welches auch eher unseren konnotierten Bildern entspricht. Wenn wir durch Dörfer und Landschaften tuckern, ist Armut, Unterentwicklung und die knappe Güterversorgung spürbar. Gerade auch die hohen Treibstoffpreise in den letzten Monaten haben einige Dörfer von der Grundversorgung abgehängt. Die Regale sind leer, das Essen besteht aus dem, was die Umgebung noch hergibt. Ein grosser Teil des Problems ist das schlechte Strassennetz. Es verteuert zusammen mit den gestiegenen Treibstoffpreisen die Transporte und somit die Produkte. Handel, Warenaustausch und damit die  ökonomische Entwicklung sind kaum möglich. Entsprechend sind die meisten Familien im Dorf selbstversorgend.

 

Brücke im südlichen Afrika

Diese Brücke kann nicht mehr von LKWs befahren werden (Hauptachse in Malawi).

 

 

Mangelhafte Infrastruktur erschwert das Leben der Bevölkerung

Die mangelnde Entwicklung zeigt sich auch Ortsbaulich. Es gibt viele Streusiedlungen mit einfachen Hütten nahe an den Feldern. Die öffentlichen Räume im “Dorfzentrum” beschränken sich auf Schule, Kirche und Polizeistation. Diese Infrastruktur ist für eine Bevölkerung, die sich nur zu Fuss bewegt, oftmals sehr weit weg. Wenn der Unterricht fertig ist oder am Sonntag das ganze Dorf zur Kirche marschiert, kommen uns hunderte Kinder und Familien auf der Strasse entgegen. Was für uns spannend ist, ist für die örtliche Bevölkerung teilweise sehr mühsam. Die alltägliche Versorgung mit Wasser, Nahrungsmitteln oder auch Bildung sind nur mit grossem Aufwand möglich. Die Konsequenz daraus zeigt sich nicht nur ökonomisch, sondern auch sozial: die Lebensformen bleiben traditionell und vorbestimmt, die Bildung bleibt beschränkt, die Rolle der Kirche ist stark.

 

Markt im südlichen Afrika

Dorfsituation in Uganda

 

 

Fehlende Raumplanung begünstigt die Landflucht

So rasant die Entwicklung in afrikanischen Städten vorwärts geht, so langsam findet sie auf dem Land statt. Die Unterschiede vergrössern sich eher, auch wenn moderne Entwicklungen wie Smartphones in den Dörfern zu mehr Information und Emanzipation führen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Landflucht anhält – mit entsprechender Auswirkung auf die Städte. Wichtig für ländliche Gebiete wäre eine bessere Versorgung öffentlicher Infrastrukturen (vor allem verkehrlich). Entwicklungsprojekte wie Brücken und Strassen sind teilweise sichtbar und bringen – sofern der Unterhalt langfristig gesichert ist – stärkere Verbesserungen als beispielsweise ein neuer Solarbrunnen neben einem bestehenden funktionierenden Brunnen. Leider beobachten wir immer wieder solche “Hilfsprojekte” von NGOs…

 

Dorf im südlichen Afrika

Aufgrund der schlechten Ernte beschränkt sich das Angebot in Malawi über hunderte Kilometer auf Tomaten, Zwiebeln und Kartoffeln.

 

 

Raumentwicklung im südlichen Afrika versus Raumentwicklung in der Schweiz

Auch in der Schweiz sind zwischen städtischen und ländlichen Gebieten verschiedene Geschwindigkeiten und ökonomische Stärken zu beobachten. Die Dynamik und Anziehung urbaner Zentren ist spürbar, ebenfalls die Angst der ländlichen Räume, abgehängt zu werden. Im Unterschied zu vielen anderen Weltregionen haben wir verschiedene Instrumente entwickelt, welche die Geschwindkeitsunterschiede reduzieren und auch in ländlichen Gebieten Entwicklungen und einen hohen Lebensstandard ermöglichen. Dazu gehören Service Public, Finanzausgleich, Instrumente von Good Governance (z.B. Verteilung staatlicher Institution über das ganze Land, Setzung von Bildungsstandards), ein präsenter Staat und eine gute Infrastruktur, die einen effizienten Austausch von Ideen und Gütern ermöglichen. Damit verringern wir räumliche Disparitäten. Gerade in der Raumentwicklung sehen wir aber auch die negativen Konsequenzen daraus. Der Flächenverbrauch in ländlichen Gebieten ist verhältnismässig hoch, die Verkehrsinfrastrukturen sind teuer und die ökologischen Konsequenzen derartiger Entwicklungen werden inzwischen vermehrt diskutiert.

 

Siedlungsentwicklung in Zell 1960

Wachstum von Siedlung und Infrastruktur im Luzerner Hinterland. 1960

Siedlungsentwicklung in Zell 2020

2020

 

Perspektive I

Den ersten Artikel zur Raumplanung im südlichen Afrika kannst du hier nachlesen. In der «Perspektive III», die bald erscheint, verlassen wir Afrika und untersuchen die Raumentwicklung auf der Arabischen Halbinsel.

 

¹ David Waltisberg arbeitet seit 2016 beim plan:team und bereist zurzeit mit seiner Partnerin im selbst ausgebauten Land Rover Defender den Kontinent Afrika und den Nahen Osten. Wenn er nicht gerade die halbe Welt bereist, arbeitet er bei uns als Projektleiter. David berichtet unregelmässig über seine raumplanerischen Eindrücke auf planteam.ch

 

Text und Fotos: David Waltisberg

Kinder im südlichen Afrika
Autor: Planteam
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«Ich bin beim plan:team, weil ich hier die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung stellen kann.»

Kristina Noger, Fachleiterin Freiraum

«Im plan:team wird der Lebensraum als Gesamtes betrachtet und für eine lebenswerte Zukunft in planungsrechtliche Instrumente überführt.»

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«Im immer knapper werdenden Lebensraum engagiere ich mich proaktiv für ganzheitliche Lösungen mit Hilfe von Dialog und Kooperation.»

Theodora Papamichail, Projektleiterin

«Wir setzen uns dafür ein, dass sich das plan:team weiterhin so positiv entwickelt wie in den letzten 40 Jahren.»

Roger Michelon, Inhaber

«Den Raum, in dem wir uns bewegen, aktiv mitgestalten zu können und aktuelle Herausforderungen anzugehen, finde ich extrem spannend.»

Linus Boog, Junior Projektleiter

«Als plan:team setzen wir uns mit allen Aspekten des menschlichen Zusammenlebens auseinander. Die regionale Wirtschaft und Politik sind genauso wichtig wie soziale und ökologische Fragen.»

Claudio Birnstiel, Fachmitarbeiter

«Ich bin GIS-Spezialist und arbeite mittlerweile als Raumplaner. Beim plan:team fühle ich mich deshalb am richtigen Ort. Denn bei unseren Raumanalysen greifen wir täglich auf hochmoderne Geoinformationssysteme zurück.»

Hans Arnet, Junior Projektleiter

«Der Wandel öffentlicher und individueller Erwartungen an unseren räumlich begrenzten Lebensraum ist mit grossen Herausforderungen verbunden. Es ist eine der anspruchsvollen Aufgaben unserer Zeit, ihn gemeinsam mit den involvierten Akteur:innen für die kommende Generation zu gestalten.»

Mark Zibell, Projektleiter

«Wo geplant wird, wird bewegt.»

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«Flexible Arbeitsplätze tragen zur kreativen Lösungsfindung bei.»

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«Beim plan:team gestalten wir nachhaltige Siedlungen als Orte guter Erinnerungen. So verbessern wir die Lebensqualität der Menschen im Einklang mit der Natur.»

Saideh Moshayedi, Fachmitarbeiterin

Schulraumplanung ist komplex. Die verschiedenen Einflussfaktoren werden in Beziehung gesetzt, sodass sie die Eigenheiten des Ortes widerspiegeln. Wir unterstützen Gemeinden vom Kleindorf bis zur Stadt mit mehreren Schulstandorten.

Daniel Sax, Fachmitarbeiter